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BU-Leistungspraxisstudie Teil 3: Lange Regulierungsdauern, eine Verschleppungstaktik der Versicherer?

Vom Zeitpunkt der Meldung der vermuteten Berufsunfähigkeit des Kunden bis zum Tag der Leistungsentscheidung des Versicherers vergehen oft mehrere Monate. Versicherern wird daher oft eine strategische und systematische Verschleppungstaktik der Leistungsfallbearbeitung vorgeworfen. Doch was sind die wahren Ursachen für lange Regulierungsdauern? Das haben wir im Rahmen unserer BU-Leistungspraxisstudie methodisch geprüft. Die Fakten, Teil 3 der BU-Leistungspraxisstudie…

Stichprobe vor Ort

Die durchschnittlichen Regulierungsdauern kann man bei den Unternehmen abfragen, was wir auch getan haben. Das reicht uns aber nicht aus! Kern des BU-Unternehmensratings von Franke und Bornberg und damit auch der Leistungspraxisstudie ist eine repräsentative Stichprobe bei den Gesellschaften vor Ort. Damit entsteht auf der Basis von mindestens 100 Leistungsfällen je Versicherer ein eigenes Urteil, welches dann mit den Angaben der Versicherer abgeglichen werden kann.

Die ermittelten Werte wurden per Akten- bzw. Systemeinsicht in den Geschäftsräumen der Versicherer erhoben. Bei der Stichprobe haben wir sichergestellt, dass alle Anerkennungs- und Ablehnungsgründe berücksichtigt wurden. Da die Stichprobe schon seit Jahren zu unserem BU-Unternehmensrating gehört, können auch Zeitreihen ausgewertet werden.

Regulierungsdauern sind kontinuierlich gesunken…

Unsere Analyse ergab, dass die durchschnittlichen Regulierungsdauern kontinuierlich gesunken sind: von 2007 bis 2012 um ca. 26 % bei den Anerkennungen und ca. 11 % bei den Ablehnungen:

Regulierungsdauern erstrecken sich über Monate… Woran liegt das?

Die Regulierungsdauern von Leistungsfällen erstrecken sich im Durchschnitt über fünf bis sechs Monate. Diese sehr lang erscheinenden  Bearbeitungszeiten haben allerdings nicht allein die Versicherer zu verantworten. Vielmehr verzögert die aufwendige Informationsbeschaffung (da Antragsteller als auch Arzt Auskunft geben müssen) sowie Rückfragen und nicht vollständig ausgefüllte Formulare den Prozess erheblich. Allen voran aber die BU-Ursache Nummer 1: der in den vergangenen Jahren rasante und kontinuierliche Anstieg psychischer Erkrankungen. So konnten wir insbesondere bei Leistungsfällen mit auffällig langen Regulierungsdauern feststellen, dass wesentlich die Erstellung von (psychologischen) Gutachten die Bearbeitungszeit in die Länge zieht.

Die aus der Stichprobe heraus ermittelte Regulierungsdauer liegt etwas höher als die von den Versicherern genannten Durchschnittswerte, was sich aus der bewussten Negativselektion der Stichprobenfälle erklärt: Anfechtung, BU-Grad von unter 50%, Prognosezeitraum nicht erreicht, Individualvereinbarungen und Vergleiche stehen bei uns im Fokus. Da wir uns gerade für kritische Fälle interessieren, fokussiert die Auswahl der Stichprobenfälle also systematisch auf Leistungsfälle mit längeren Bearbeitungszeiten. 

Direkte Bearbeitungszeiten der Versicherungsgesellschaften unter der Lupe betrachtet…

Wir haben in unserer Studie die direkten Bearbeitungszeiten der Versicherungsgesellschaften gesondert geprüft. Zum Einen den Zeitraum von der Erstmeldung des Kunden bis zum Versand des Kundenfragebogens und zum Anderen die Bearbeitungsdauer nach Eingang des Kundenfragebogens.

Ergebnis: Die direkt vom Unternehmen zu beeinflussenden Bearbeitungsdauern sind in engen Bandbreiten stabil und zeigen sogar einen leichten Trend zu kürzeren Dauern:

Das Fazit: Keine Verschleppungstaktik der Versicherer

Die durchschnittlichen Regulierungsdauern sind seit der erstmaligen Durchführung unseres Unternehmensratings in 2004 kontinuierlich gesunken. Die Stichproben verbunden mit dem Einblick in die Leistungsfallakten zeigten in keinem Fall Anzeichen einer strategischen oder systematischen Verschleppungstaktik seitens der Versicherer.

Es gibt übrigens durchaus Leistungsfälle mit deutlich längeren Bearbeitungszeiten, an denen auch Versicherer mindestens Mitverantwortung tragen. Die Versicherer agieren oft sehr schematisch. Selbst dann, wenn der Fall nach einer klaren Angelegenheit aussieht. Hintergrund sind die durch Rechtsprechung aufgestellten extrem hohe Anforderungen an die Formalien in der Leistungsprüfung. Wenn der Sachbearbeiter einen Fehler macht, kommt der Versicherer selbst dann aus einem Anerkenntnis nicht mehr heraus, wenn es unberechtigt erfolgt ist. Hier stecken wir teilweise in der Sackgasse. Eine systematische Benachteiligung der Versicherten konnte im Rahmen der Studie aber nicht erkannt werden. Einen guten Eindruck haben wir beim Einsatz von Teleclaiming gewonnen. Hier werden Fragen mit dem Kunden am Telefon geklärt, was alleine schon menschlicher ist als nur auf dem Schriftwege zu kommunizieren. Zudem sinken die Bearbeitungszeiten.

Auswirkungen auf die Regulierungsdauern haben überwiegend die oft langwierigen medizinischen Aufklärungen. Der Vorteil der BU, individuell auf die berufliche Tätigkeit des Einzelnen abzustellen, wird bei der Regulierungsdauer zum Nachteil. Eine individuelle Prüfung kann man nur begrenzt standardisieren. Wichtig ist daher die Aufklärung der Kunden im Zuge der Beratung.

Aber auch im Leistungsfall kann der Vermittler sinnvoll unterstützen. Viele Kunden sind mit den umfangreichen Fragebögen schlicht überfordert und machen folgenreiche Fehler beim Ausfüllen des Fragebogens. Vermittler müssen bei der Unterstützung ihrer Kunden rechtliche Rahmenbedingungen beachten. Aber sie können ihre Kunden beispielsweise durch Zusammenarbeit mit Rechtsexperten erheblich unterstützen. Wichtig ist, möglichst schon bei der Beantragung der Leistungen zu unterstützen und nicht erst, wenn eine Ablehnung vorliegt.

Kommentare

Über eine lange Hinhaltetaktik kann ich ein Lied singen! Ich Kämpfe seit nunmehr 6 Jahren für die Zahlung meiner BUZ beim LVM! Dieser Verein stellt seine Versicherten als Simulanten und Lügner da, stellt immer wieder Gutachten in Frage! Einfach Menschenverachtend!!

Unsere Studie geht vor allem den Vorwürfen der systematisch negativen Praktiken nach, kann aber keine Einzelfallbetrachtung jedes Leistungsfalls leisten. Wir sehen selbst jedes Jahr auch eine Reihe von Leistungsfällen, die nicht kundenorientiert abgewickelt werden.

Das durch die Studie erstellte Gesamtbild, dass es bei den untersuchten Unternehmen keine systematische Vorgehensweise zur Verschleppung gibt, schließt also nicht aus, dass in Einzelfällen abweichende Praktiken angewandt werden. Franke und Bornberg stellt somit mit dieser Studie keinen sogenannten „Persilschein“ aus. Kritische Leistungsfallbearbeitungen oder negativer Umgang mit Versicherten, die Leistungen beanspruchen, müssen auch nach unserer Auffassung verurteilt werden.

Wenn uns kritische Fälle zur Kenntnis gegeben werden, konfrontieren wir die betreffenden Versicherer damit. Leider können wir aber keine Gewährleistung geben, dass sich unsere Nachfrage positiv auswirkt. Im Zweifel ist es sinnvoll einen spezialisierten Anwalt einzuschalten.

Saidi Sulilatu

Saidi Sulilatu
04.04.2014 - 11:18
Permalink

„Wenn der Sachbearbeiter einen Fehler macht, kommt der Versicherer selbst dann aus einem Anerkenntnis nicht mehr heraus, wenn es unberechtigt erfolgt ist. Hier stecken wir teilweise in der Sackgasse.“
– Der letzte Satz ist unklar. Wie ist dies zu verstehen, Sie stecken in einer Sackgasse?

Mit „wir“ ist hier diese Thematik innerhalb der Regulierung als solche gemeint. Die formalen Vorschriften der Rechtsprechung führen teilweise zu Härten, die von keiner Partei gewollt waren. Beispiele sind die genannten Nachfragen bei Erkrankungen, die einen BU-Grad von mindestens 50% höchstwahrscheinlich machen. Solche Nachfragen sind für die Betroffenen Versicherten kaum nachvollziehbar.

Sebastian Noack

Sebastian Noack
22.03.2016 - 20:46
Permalink

Hallo ich hab mir das gerad alles mal durchgelesen und ich muss gestehen ich bin echt langsam auf Hilfe angewiesen ich bin zu 50 % Schwerbehindert durch einen Arbeitsunfall bei dem ich fast meine ganze Rechte Hand verloren hab und ich kämpfe seit 2011 um meine Anerkennung der BU ……ich war von Beruf Konstruktionsmechaniker also Handwerker und ich kann nie wieder in meinen Beruf zurück hab mega viele Gutachten und Aussagen von Profs. von Psychologen und von Psycho Therapeuten die besagen das nichts mehr geht und trotzdem kämpfe ich bis heut …….also hilfe wäre echt cool…..Mfg…

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