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Vergleich von Rentenfaktoren: Woher kommen die Unterschiede?

Warum sind die Rentenfaktoren unterschiedlich? Welche Ziele verfolgen einzelne Versicherer beim Rentenfaktor? Und warum steigt der garantierte Rentenfaktor 2022 bei Allianz Leben, während er bei anderen Gesellschaften sinkt?

Franke und Bornberg vergleicht die Rentenfaktoren der Jahre 2021 und 2022 für 42 Tarife von 18 Gesellschaften. Im ersten Teil unserer Untersuchung haben wir gezeigt, wie sich die Senkung des Rechnungszinses auf den Rentenfaktor auswirkt. In Teil 2 nehmen wir Aspekte und Gesellschaften unter die Lupe, die uns besonders aufgefallen sind. Und starten gleich mit einer Frage:

Warum gibt es eigentlich unterschiedliche Rentenfaktoren?

Zins, Sterbewahrscheinlichkeit und Kosten – mit diesen drei Faktoren kalkulieren Versicherer ihre Rentenversicherungstarife. Aber jedes Unternehmen zieht andere Werte heran. Besonders groß sind die Unterschiede bei den Kosten. Das gilt für Abschlusskosten, vor allem aber für die laufenden Verwaltungskosten. Bei fondsgebundenen Rentenversicherungen kommen noch Kosten für die Fondsverwaltung hinzu. Annahmen zur Sterblichkeit unterscheiden sich, wenn ein Unternehmen eigene Sterbetafeln verwendet. Und manche Versicherer kalkulieren mit einem Rechnungszins, der unter dem jeweiligen Höchstrechnungszins liegt. 2022 verwenden nur noch zehn von 17 Unternehmen den Höchstzins von 0,25 %. Mit fünf Unternehmen hat fast ein Drittel der untersuchten Gesellschaften den Garantiezins komplett gestrichen.

Wie sich verschiedene Kalkulationsgrundlagen auswirken können, zeigen die aktuellen Rentenfaktoren. Sie bewegen sich in einer Bandbreite von 24,07 Euro Monatsrente bis 26,61 Euro, jeweils für 10.000 Euro Kapital. Noch größer sind die Differenzen beim garantierten Rentenfaktor. Versicherer nehmen hier meist einen Sicherheitsabschlag vor. Je größer der Abschlag, umso mehr Spielraum bleibt für rentable Investments.

Warum steigt der Rentenfaktor bei Allianz Leben?

Die Senkung des Höchstrechnungszinses Anfang 2022 haben fast alle Gesellschaften zum Anlass genommen, auch ihren garantierten Rentenfaktor zurückzufahren. Nur Allianz Leben, Continentale (für den Tarif ERI) und Basler bieten trotz weniger Zins 2022 mehr Garantie. Was steckt dahinter? Bei der Basler beträgt der garantierte Rentenfaktor statt 0,72 % jetzt 0,85 % des aktuellen Rentenfaktors; bei der Continentale sind es aktuell 0,88 % statt 0,74 %. Allerdings gibt es bei dem Tarif ERI der Continentale noch eine Besonderheit, auf die wir im Verlaufe des Blogbeitrags hinweisen werden. 

Auf unsere Nachfrage nach den Gründen für die Erhöhung des Rentenfaktors haben wir von der Basler folgende Antwort bekommen:

>>Die Basler hatte bereits vor 2022 die garantierten Rentenfaktoren mit einem Zins von 0% kalkuliert. Daher gab es jetzt mit der Rechnungszinssenkung keinen größeren Anpassungsbedarf. Tatsächlich wurden im Zuge der Neukalkulation die Annahmen zur Lebenserwartung überprüft. Dort konnten wir noch etwas adjustieren.<<

Noch deutlicher schraubte Allianz an der Garantie. Aus 50% des aktuellen Rentenfaktors wurde 2022 eine Garantiequote von 80%. Mit einem Sicherheitsabschlag von 20% bietet Allianz allerdings immer noch vergleichsweise wenig Garantie.

Das sagt Allianz Leben:

>>Bis 12/2021 war der garantierte Rentenfaktor von 50 % des aktuellen Rentenfaktors eine wichtige Gestaltung, um Spielräume für chancenorientierte Anlagen zu schaffen. Der neue Höchstrechnungszins (RZ 0,25%) bietet nun weitere Freiräume, unter denen ein garantierter Rentenfaktor von 80 % des aktuellen Rentenfaktors die Sicherheiten für unsere Kundinnen und Kunden weiter stärkt, ohne die Freiheitsgrade in der chancenorientierten Anlage einzuschränken.<<

Mit anderen Worten: Je weniger Garantiezins, umso größer der Spielraum bei der Kapitalanlage. Und bei 0,25 % Höchstzins kann sich die Allianz offenbar  etwas mehr Garantie leisten. Im Übrigen trägt eine höhere Garantiequote auch zu einer – zumindest optischen – Verbesserung der Wettbewerbsposition bei. Im Jahr 2021 hatten alle drei Gesellschaften noch hintere Plätze bei den garantierten Leistungen belegt.

Anteil garantierter Rentenfaktor am aktuellen Rentenfaktor 2022/2021

Lesebeispiel: 2022 garantiert Allianz Leben 80 % des aktuellen Rentenfaktors; 2021 waren es nur 50 %.

Der Sicherheitsabschlag sinkt

Wie die Grafik zeigt, verringerte sich der Sicherheitsabschlag bei zwölf von 18 Unternehmen. Vier weitere haben das Verhältnis von aktuellem zum garantierten Rentenfaktor beibehalten. Und nur bei Nürnberger und LV1871 ist die Sicherheitsmarge gestiegen (Nürnberger von 10% auf 15%, LV1871 von 14,46% auf 16,1%).   
Einzig die WWK nimmt keinen Sicherheitsabschlag vor. Obwohl sie den garantierten Rentenfaktor  um beachtliche 3,18 Euro gesenkt hat, bietet die WWK 2022 mit 25,93 Euro Monatsrente für 10.000 Euro die höchste Garantierente.

Angesprochen auf die im Vergleich hohe Differenz zwischen dem Rentenfaktor vor und nach der Rechnungszinssenkung, antwortet die WWK:

>>Die WWK garantierte vor Rechnungszinsabsenkung einen der höchsten Rentenfaktoren im Markt und tut dies auch heute noch. Anbieter, die schon in der Vergangenheit einen geringeren Rentenfaktor angeboten haben, hatten von ihrem niedrigen Niveau in Folge der Rechnungszinsanpassung ggf. einen geringeren Anpassungsbedarf. An der TOP-Positionierung unseres Rentenfaktors ändert dies jedoch nichts.<<

Auf der anderen Seite bleibt sie langfristig an diese Garantievereinbarung gebunden und nimmt sich so Freiheiten in der Kapitalanlage. Wie gravierend sich das beim jetzigen Garantieniveau auswirkt, sei dahingestellt.

Sonderfall Pangaea?

Im ersten Teil unseres Blogbeitrags zu den Rentenfaktoren haben wir die Entwicklung der garantierten Rentenfaktoren im Vergleich der Jahre 2022/2021 beleuchtet. Dabei zeigte sich: Pangaea Life, die nachhaltige Produktlinie der Bayerische Lebensversicherung, hat den aktuellen Rentenfaktor um erstaunliche 5,97 Euro auf 20,43 Euro gesenkt. Doch ein Blick auf die Details zeigt: Es gibt keinen Grund zur Sorge. Der Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass die Produktlinie Pangaea Life seit Herbst 2021 bei Tod im Rentenbezug ausschließlich Restkapitalisierung vorsieht. Davor war im Neugeschäft noch eine Rentengarantiezeit möglich gewesen.

Das umgekehrte Bild sehen wir am Beispiel der Continentale (Tarif ERI). Hier gab es 2021 nur die Möglichkeit als Todesfallleistung im Rentenbezug Restkapitalisierung zu wählen. In der diesjährigen Analyse stand wieder die Rentengarantiezeit zur Auswahl. Der garantierte Rentenfaktor hat sich in unserem Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht, obwohl es die Rechnungszinsanpassung nach unten gab. Welche Rolle spielt also die Todesfallleistung im Rentenbezug für den garantierten Rentenfaktor?

Rentengarantiezeit vs. Restkapital – wo liegt der Unterschied?

Die Rentengarantiezeit legt fest, wie lange eine Rente im Rentenbezug mindestens gezahlt wird. Stirbt ein Versicherter während der Rentengarantiezeit, erhalten die Begünstigten die vereinbarte Rente bis zum Ende dieser Frist. Zu Lebzeiten des Versicherten hat die Garantiezeit also keine Bedeutung. Ist als Leistung bei Tod aber ein Restkapital vereinbart, erhalten Begünstigte die Summe der noch nicht gezahlten Renten. In den Bedingungen der Pangaea Life Invest heißt es dazu:

>>Wenn die VERSICHERTE PERSON nach dem RENTENZAHLUNGSBEGINN stirbt, zahlen wir eine einmalige Todesfallleistung in Höhe des ermittelten Wertes des FONDSGEBUNDENEN DECKUNGSKAPITALS …zum RENTENZAHLUNGSBEGINN abzüglich bereits geleisteter Renten.<<

Damit steigen die kalkulatorische Dauer des Rentenbezugs und die Leistungen an Begünstigte. Im Gegenzug ist bei Tarifen mit „Restkapital“ der garantierte Rentenfaktor niedriger als bei einer Rentengarantiezeit.

Bei Todesfallleistung Restkapital im Mittelfeld

Im, Vergleich der Rentenfaktoren mit Todesfallleistung Restkapitalisierung im Rentenbezug bewegt sich die Bayerische und damit auch der Tarif der Pangaea Life im Mittelfeld.

Aktuelle Tendenzen beim Rentenfaktor

Die Senkung des Höchstrechnungszinses auf nur noch 0,25 % hat Spuren hinterlassen. Im Durchschnitt ist der garantierte Rentenfaktor 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 29,09 auf 25,97 Euro gesunken. Beim Zins scheint die Talsohle erreicht: Die Spanne zwischen 0,25 % und gar keinem Zins ist klein.

Aktuell beobachten wir einen interessanten Trend: Einige Gesellschaften bieten im Neugeschäft die Option, sich den aktuellen Rentenfaktor zu sichern. Wem das nützt, muss die Zukunft zeigen. Beim Zins geht es jedenfalls kaum noch bergab – so viel ist sicher. Bleiben also „nur“ die Stellschrauben Erlebenswahrscheinlichkeit, Kosten und Sicherheitsmarge. Bewegen sich eine oder gleich mehrere davon nach oben, profieren Versicherte von ihrer Garantie. Andernfalls profitiert der Versicherer. Er federt sein Risiko bei einem Anstieg der Zinsen etwas ab – für die Versichertengemeinschaft vielleicht auch keine schlechte Vorstellung.

 

Berechnungsgrundlagen

Vergleich der Rentenfaktoren 2021 und 2022 von Franke und Bornberg

  • Für den aktuellen Rentenfaktor (sofern angegeben) wurden 18 Gesellschaften mit 42 Tarifen berücksichtigt
  • Für den garantierten Rentenfaktor wurden 25 Gesellschaften mit 55 Tarifen berücksichtigt
  • Zu Tarifen, die 2022 nicht mehr angeboten wurden, wurde das Folgeprodukt als Vergleichswert herangezogen
  • Eckdaten: Eintrittsalter 32, Laufzeit 35 Jahre, Einzelvertrag; keine Tarife mit Sammelinkasso oder Rabattierungen aufgrund bestimmter Personenkreise; Rentengarantiezeit 10 Jahre, Wert 2021: Versicherungsbeginn März 2021, Wert 2022: Versicherungsbeginn Februar 2022

Jürgen Thomsen

Jürgen Thomsen
Analyst Altersvorsorge
Franke und Bornberg GmbH

Kommentare

Jürgen Stöhr

Jürgen Stöhr
26.07.2022 - 16:15
Permalink

Sehr guter Beitrag zu einem sehr undurchsichtigen Thema. Besonders der Hinweis auf die harte Garantie. Es wundert immer noch sehr, das eine vermeintliche Garantie dann doch keine Garantie ist. Der VN und der Vermittler wird hier sehr auf die Probe gestellt.

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