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Rechnungszins-Retter - Ist der Rechnungszins noch zu retten?

Es geht bergab: Am 1.1.2022 sinkt der Höchstrechnungszins für Lebens- und Rentenversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds von 0,9 auf 0,25 Prozent. Warum der Rechnungszins sinkt, welche Auswirkungen das bei der Vorsorge hat und wie der Rechnungszins-Retter vor Zinsverlust schützt, erfahren Sie hier!

Seit Juli 2000 kennt der Höchstrechnungszins nur eine Richtung: nach unten. Damals fiel der Zins für neu abgeschlossene Lebens- und Rentenversicherungen von 4,0 auf 3,25 Prozent. In mehreren Schritten ging es weiter bergab. Seit 2017 beträgt der Rechnungszins bescheidene 0,9 Prozent. Und auch damit ist bald Schluss. Mit der Verordnung vom 22. April 2021 wurde die Rechnungszinssenkung 2021 verkündet. Das Bundesfinanzministerium schraubt den Höchstzinssatz zum 1. Januar 2022 auf 0,25 Prozent herunter.

Wie hat sich der Höchstrechnungszins historisch entwickelt?

Der Höchstrechnungszins hat eine lange Tradition. Nach Angaben der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) beginnt seine Geschichte bereits im Jahr 1903. Damals betrug der Zins 3,5 Prozent – ein Niveau, das er über lange Jahre mehr oder weniger beibehalten hat. 2004 geriet er erstmals unter diese Marke. 
 

Warum sinkt der Höchstrechnungszins?

Wichtigste Bezugsgröße für den Höchstrechnungszins ist die Umlaufrendite europäischer AAA- Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Und diese schrumpft kontinuierlich. Sie ging von knapp 8 Prozent im Jahr 1998 auf weniger als 1 Prozent zurück. In Deutschland ist die Rendite seit 2019 sogar negativ. Angesichts der guten Bonität verdient Deutschland sogar an der Aufnahme von Schulden. 
Die Europäische Zentralbank drückt mit ihrer Geldpolitik bewusst die Zinsen, um Konjunktur und Preise anzukurbeln. Mittlerweile tritt sie in fast allen Anleihemärkten als größter Käufer auf. Ihre Nachfrage führt im Umkehrschluss zu niedrigen Zinsen. Die Pandemielage und damit verbundene Anleihen-Ankaufprogramme der Europäischen Zentralbank zementieren die niedrigen Zinsen auf lange Zeit. 

Was unterscheidet den Höchstrechnungszins vom Garantiezins?

Die Antwort in Kurzform: ziemlich wenig. Umgangssprachlich wird der Höchstrechnungszins oft mit dem Garantiezins gleichgesetzt. Unter Garantiezins versteht man den Wert, den Versicherungen ihren Kunden bei der Beitrags- und Leistungsberechnung mindestens zusichern. Damit die Garantien erfüllt werden können, müssen die Unternehmen Rückstellungen in ihrer Bilanz bilden. Diese Rückstellungen werden mit dem sogenannten Reservierungszins ermittelt, der nicht höher sein darf als der Höchstrechnungszins. In der Praxis sind Reservierungs- und Garantiezins in der Regel gleich hoch. 

Dürfen Versicherungsunternehmen vom Höchstrechnungszins abweichen?

Nach unten schon. Für den Garantiezins gibt es keine speziellen Vorschriften. Die Lebensversicherer können ihren Garantiezins also grundsätzlich frei wählen, allerdings unter Beachtung des allgemeinen Vorsichtsprinzips (§ 138 VAG). Einige Versicherer praktizieren das bereits. Sie garantieren einen Zinssatz unterhalb von 0,9 Prozent. Aber nach der Rechnungszinssenkung auf 0,25 % bleibt dafür kaum noch Spielraum. Weniger als null geht hier nicht. Lebensversicherungen kennen keinen Strafzins.

Sinkt jetzt auch die Überschussbeteiligung?

Nein! Beim Höchstrechnungszins handelt es sich um einen kalkulatorischen Zins. Die Erträge – und damit auch die Überschussbeteiligung – entstehen aus Risiko-, Kosten- und Kapitalgewinnen. Versicherer, die realistisch kalkulieren und sparsam wirtschaften, bieten also Vorteile. Die Kapitalerträge richten sich nach dem Anlageerfolg. Weil Versicherer den größten Teil ihrer Mittel in sichere Anlagen wie Staatsanleihen anlegen müssen, ist das Zinsniveau wichtigste Stellschraube für den Ertrag. Und da gibt es aktuell kaum Hoffnung auf steigende Zinsen. Der Spielraum für ertragreiche Investitionen in Aktien oder Infrastruktur ist vergleichsweise klein. 
Doch es gibt auch eine positive Botschaft. Je niedriger sein Garantiezins, umso weniger Rückstellungen muss der Versicherer bilden. Damit kann er mehr Kapital in chancenorientierte Anlage investieren. Kurz gesagt: Je niedriger die Garantie, umso höher der mögliche Überschuss. Versicherte, die Chancen nutzen wollen und weniger Wert auf Garantien legen, fahren gut mit einem niedrigen Garantieniveau.

Was bedeutet der Höchstrechnungszins für Riesterrenten und die betriebliche Altersversorgung?

Bei Riesterrenten und Beitragszusagen mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um Produkte mit einer 100-Prozent-Beitragsgarantie. Der Gesetzgeber verlangt hier, dass bei Vertragsablauf mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge vorhanden ist. Damit verringert sich für Versicherer der Spielraum für Erträge aus der Kapitalanlage. Das ist im anhaltenden Niedrigzinsumfeld nur schwer oder gar nicht mehr durchzuhalten. 
Die Kosten für Vertrieb und Verwaltung des Vertrages können mit einer garantierten Verzinsung von 0,25% kaum noch aufgefangen werden. Und je kürzer die Laufzeit, umso schwerer fällt die Beitragsgarantie. Erste Versicherer haben sich daher aus diesem Geschäftsfeld bereits verabschiedet. Weitere werden sicher folgen.

Wirkt sich der Höchstrechnungszins auf den Beitrag aus?

Ja! Wird ein festes Sparziel angestrebt (Kapitalbetrag oder Rente), ist bei einem niedrigeren Zins ein höherer Beitrag (Prämie) erforderlich. Auch für neu abgeschlossene Verträge zur Arbeitskraftabsicherung werden die Beiträge steigen. Prognosen gehen von bis zu  10 % Mehrbeitrag aus. Dieser Wert stellt auf den Bruttobeitrag ab. Wie sich der Nettobeitrag nach Abzug der Überschüsse darstellt, ist derzeit offen. Vermutlich dürfte er weniger stark steigen. Risiko-Lebensversicherungen werden – wenn sich die Prognosen bewahrheiten sollten – bis zu zwei Prozent teurer. 
Für Grundfähigkeitsversicherungen sind ebenfalls Konsequenzen absehbar. Die Faustformel für alle Tarifarten lautet: Je länger die geplante Laufzeit, umso höher der Beitragsanstieg. Das nennt man übrigens Zinseszinseffekt ?. Die Neukalkulation der Beiträge ist noch nicht abgeschlossen. Es ist durchaus möglich, dass Versicherer den neuen Höchstrechnungszinses auch dazu nutzen, an weiteren Stellschrauben zu drehen.

Einige meiner Kunden legen Wert auf (höhere) Garantien. Was kann ich für sie tun?

Der neue Rechnungszins von 0,25 Prozent gilt für Neuverträge ab Januar 2022. Auf den Bestand wirkt er sich nicht aus. Für garantie-affine Kunden gibt es also keinen Grund zur Sorge. Ist die Vorsorgeplanung jedoch noch nicht abgeschlossen, besteht Handlungsbedarf. 
Einige Versicherer garantieren, dass für Beitragserhöhungen oder Zuzahlungen die vereinbarten Rechnungsgrundlagen gelten. Andere hingegen ziehen bei Änderungen immer den jeweils aktuellen Garantiezins heran. Im Ergebnis können die Unterschiede gravierend sein, gerade bei langen Laufzeiten. Je nach Ausgangssituation bestehen deshalb verschiedene Möglichkeiten, den Rechnungszins zu sichern:

  • Neuabschluss 2021
    Wer noch in diesem Jahr einen neuen Vertrag abschließt, sichert sich mehr Garantie – vorausgesetzt, die Gesellschaft bietet noch 0,9 Prozent Zins. Der höhere Garantiezins allein macht allerdings noch keinen guten Vertrag. Diese Option kommt erst nach eingehender Prüfung in Betracht. Wie leistungsfähig ist die Gesellschaft? Betreibt sie eine stabile Überschusspolitik? Passt der Tarif und bietet er mir die nötige Flexibilität? Aktionismus und Zeitdruck sind nicht angesagt. Erst wenn alles stimmt, steht dem Abschluss nichts mehr im Weg. 
     
  • Bestehenden Versicherungsschutz erhöhen
    Manchmal kann ein bestehender Vertrag einfach ausgebaut werden. Und das im besten Fall mit dem ursprünglich vereinbarten Rechnungszins. Liegt der Vertragsabschluss vor 2017, beträgt der Zins sehr wahrscheinlich sogar mehr als 0,9 Prozent. Vorsicht geboten ist bei Abschluss vor 2005: Hier könnte die Aufstockung steuerliche Konsequenzen haben. 
     
  • Nachversicherungsgarantie (NVG) nutzen
    Eine NVG bietet ebenfalls Gelegenheit, vorhandenen Versicherungsschutz zum alten Garantieniveau aufzustocken. Und das häufig sogar ohne erneute Gesundheitsprüfung. Bedingung ist in den meisten Fällen, dass ein vertraglich vereinbartes Ereignis eingetreten ist. Dazu zählen zum Beispiel ein weiterer Karriereschritt, die Geburt eines Kindes, der Wechsel in die Selbstständigkeit oder der Kauf einer Immobilie. Manche Versicherer sind auf diesem Gebiet kreativ; weitere Anlässe können hinzukommen. Gerade zur Arbeitskraftabsicherung sind diese Angebote interessant. Achtung: Einige Tarife sehen ein Höchstalter für die NVG vor. 
     
  • Dynamik wahrnehmen
    Ist eine Beitragsdynamik vereinbart, sollte sie aktuell nicht gestoppt werden. Auch sie bietet höhere Garantieleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung. Wer die Dynamik erst vor kurzem ausgesetzt hat, kann prüfen, ob sie wieder zu aktivieren ist. 

 

Rechnungszins retten leicht gemacht

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Der Rechnungszins-Retter vergleicht die Rechnungsgrundlagen verschiedener Produktkonzepte – und das auf einen Blick und ohne komplizierte Eingaben. Intelligente Profile für die wichtigsten Konstellationen machen´s möglich. Die Profile sind nicht nur für Neuabschlüsse interessant. Auch bei „Altverträgen“ im Bestand liefern sie eine verlässliche Entscheidungsgrundlage. Im Rahmen der Bestandssicherung liefert der fb-Rechnungszins-Retter ebenfalls gute Argumente. Ist es wirklich sinnvoll, den alten Vertrag beitragsfrei zu stellen oder sogar zu kündigen? Der fb-Rechnungszins-Retter hilft bei der Antwort, ob Rentenversicherung, selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder Grundfähigkeitstarif. Am besten überzeugen Sie sich selbst -  Er steht als kostenloses Add-on für fb>xpert und fb>vertragscheck für Sie bereit.

Praxistipp: 2021 ist ein guter Zeitpunkt, Kundinnen und Interessenten auf den bedarfsgerechten Ausbau ihres Versicherungsschutzes anzusprechen. 

Jürgen Thomsen

Jürgen Thomsen
Analyst Altersvorsorge
Franke und Bornberg GmbH

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