Blog Kategorien

Neu

Schlagworte

CSRD und ESRS: Wie neue Nachhaltigkeitsberichte der Versicherer mehr Intransparenz schaffen

CSRD – Umfangreichere Nachhaltigkeitsberichte, und doch bleibt vieles unklar

Was auf den ersten Blick nach Fortschritt aussieht, entpuppt sich beim genauen Hinsehen als ambivalent: Versicherer folgen zunehmend den Vorgaben von CSRD und ESRS – und lassen dabei zentrale Themen außen vor. Klingt widersprüchlich? Ist es auch. Denn was im Bericht nicht als „wesentlich“ definiert wird, taucht häufig gar nicht erst auf. Genau darin liegt die Herausforderung.

Wir haben die aktuellen Nachhaltigkeitsberichte zahlreicher Versicherer genau analysiert – und dabei große Unterschiede sowie inhaltliche Lücken festgestellt. Mit diesem Beitrag teilen wir zentrale Erkenntnisse aus unserer Analyse und zeigen, warum unabhängige Bewertungen heute mehr denn je gebraucht werden.

ESRS - Mehr Struktur – aber nicht automatisch mehr Substanz

Immer mehr Versicherungsunternehmen veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte freiwillig nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), obwohl die gesetzliche Umsetzung der CSRD in Deutschland noch aussteht. Die neue Struktur bringt Ordnung und Methodik - doch echte Vergleichbarkeit oder inhaltliche Vollständigkeit entstehen daraus nicht zwangsläufig. Im Gegenteil: Einzelne Themen verschwinden aus der Berichterstattung, obwohl sie für Gesellschaft und Umwelt weiter von Bedeutung sind.

Klimaberichte: Zahlen statt Zusammenhänge?

Die Klimaberichterstattung nach ESRS E1 ist ein zentrales Element der CSRD. CO₂-Emissionen werden in nahezu allen Berichten detailliert ausgewiesen, allerdings häufig ohne ausreichende Einordnung. Was bedeuten diese Tonnenangaben konkret und welche Maßnahmen stecken dahinter?

Ohne zusätzlichen Kontext bleibt vieles abstrakt. Ohne Fachhintergrund ist es kaum möglich, etwa den Transfer zu leisten, wie viel Abfall einer Tonne CO₂e entspricht. Auch ist aus der Angabe in Tonnen nicht erkennbar, wie Unternehmen mit der Entsorgung ihres Abfalls umgehen.
Positiv ist jedoch: Immer mehr Versicherungsunternehmen beziehen auch versicherungsbezogene und finanzierte Emissionen ein. Das erweitert die Perspektive über den eigenen Geschäftsbetrieb hinaus - hin zu den klimabezogenen Auswirkungen von Kapitalanlagen und Versicherungsgeschäften.

Ebenso erfreulich: Viele Unternehmen erläutern ihre Methodik zunehmend transparent und orientieren sich dabei an anerkannten Standards. Diese Entwicklung ist ein wichtiger Schritt, auch wenn sie die bestehenden Lücken im Gesamtbild nicht vollständig schließt.

Biodiversität? Kreislaufwirtschaft? Kaum ein Thema.

Themen wie Wasserverbrauch, Abfallaufkommen, Papiereinsatz oder Biodiversität spielen in vielen Berichten eine untergeordnete Rolle. Der Grund: Sie gelten im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse häufig nicht als berichtspflichtig und bleiben daher unerwähnt. Dabei gehören solche Angaben aus unserer Sicht zu einer vollständigen und transparenten Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Versicherungsbranche unbedingt dazu.

Die doppelte Wesentlichkeit – sinnvoll, aber mit Tücken

Grundlage der inhaltlichen Auswahl ist die sogenannte doppelte Wesentlichkeit. Sie verpflichtet Unternehmen, sowohl finanzielle als auch gesellschaftlich-ökologische Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit zu berücksichtigen. Aspekte, die Versicherer hierbei als nicht wesentlich definieren, müssen auch nicht in der Berichterstattung berücksichtigt werden. Das ist im Prinzip sinnvoll - führt in der Praxis jedoch zu stark variierenden Berichtsständen.

Während einige Versicherer ihr gesellschaftliches Engagement umfassend darstellen (z. B. nach ESRS S3), fehlt bei anderen jede Spur davon. Auch Umfang, Tiefe und Stil der Berichte unterscheiden sich deutlich. Ein fairer Vergleich zwischen Unternehmen ist rein auf Grundlage der CSRD-Berichte kaum möglich.

Unser Ansatz: Umfassende Bewertung statt CSRD-Berichtsgläubigkeit

Bei Franke und Bornberg ziehen wir daraus klare Schlüsse:

Wir nutzen die neue Berichtslage als zusätzliche Informationsquelle, aber wir verlassen uns nicht allein auf sie. Unser ESG-Unternehmensrating und unser Nachhaltigkeits-Score integrieren bewusst auch solche Themen, die in den Unternehmensberichten womöglich fehlen, aber für Gesellschaft und Umwelt Relevanz besitzen. Das betrifft etwa Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, Sozial- und Umweltprojekte oder Ressourcenverbräuche.

Zugleich entwickeln wir unsere Bewertungssystematik weiter: Dort, wo die ESRS sinnvolle Standards setzen, übernehmen wir sie. Dort, wo sie Lücken lassen, ergänzen wir. Unser Ziel: eine ganzheitliche und unabhängige Nachhaltigkeitsbewertung der Versicherer - die nicht bei der Berichtspflicht aufhört, sondern am Anspruch auf Transparenz ansetzt.

 

CSRD – wohin geht die Reise?

Noch ist offen, wann und wie die CSRD in Deutschland verpflichtend umgesetzt wird. Das laufende Omnibusverfahren verzögert die Gesetzgebung - und mit ihr eine verbindliche Rechtslage für die Versicherungswirtschaft. Ob die neuen Nachhaltigkeitsberichte mittelfristig tatsächlich zu mehr Transparenz führen oder bestehende Lücken eher verstärken, bleibt abzuwarten.

Bis dahin setzen wir mit unserer Bewertung weiterhin auf das, was für echte ESG-Transparenz zählt: Kontext, Einordnung - und eine Bewertung, die alle relevanten Nachhaltigkeitsthemen berücksichtigt.

Schlagworte:

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.

Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.