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Vergleich von PKV-Kennzahlen – Mission Impossible?

Seit 30 Jahren widmet sich der map-report bereits dem Vergleich von Bilanzanalysen der Versicherungsunternehmen, bisher immer bewertungsneutral, lediglich mit fallenden und steigenden Sortierungen bei den Kennzahlen. In diesem Jahr fragten wir uns, weshalb wir nicht auch außerhalb der jährlichen Gesamt-Unternehmensratings ein Rating fokussiert auf PKV-Kennzahlen vornehmen sollten. Denn 2019 ist das letzte Geschäftsjahr vor der durch das Coronavirus möglicherweise eingeläuteten neuen Zeitrechnung. Als am Ende der Prozesskette stehende Institutionen, haben die Krankenversicherer nur mittelbaren Einfluss auf mögliche zukünftige Kostenbelastungen, die auch politisch oder gesellschaftlich „verordnet“ sein könnten. Es ist schlüssig davon auszugehen, dass diejenigen Anbieter, die jetzt bilanziell gut dastehen, auch die besten Voraussetzungen haben, gut durch diese außergewöhnliche Situation zu kommen. Aus diesem Grund haben wir im Rahmen unserer jährlichen Bilanzuntersuchung erstmals eine Bewertung der Kennzahlen vorgenommen.

Geschäftsberichte oft unter Mindeststandard

Die Gesellschaften unterliegen äußeren Einflussfaktoren, die nachhaltig in die Wettbewerbssituation eingreifen und das erforderliche Wachstum nicht unbedingt erleichtern. Für Beobachter der Branche wird es dabei immer schwieriger den Überblick über Entwicklungen zu behalten und umfassend zu analysieren. Der Grund: Geschäftsberichte auf fragwürdigem Niveau.

So hat der PKV-Verband bereits Mitte der 1990er-Jahre einen Kennzahlen-Katalog entwickelt, der nach eigenen Angaben „auf alle Privaten Krankenversicherungen angewendet werden kann.“ Das ist schön. Nur gibt es dabei mehrere Haken. So sind für eine korrekte Berechnung der Versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote sowie der Schadenquote nach aktuellem PKV-Kennzahlenkatalog (Stand August 2016) jeweils die Übertragungswerte und der „durchschnittliche unternehmensindividuelle Rechnungszins“ (duRz) erforderlich.

Unglücklicherweise sind sowohl der duRz als auch die Übertragungswerte bisher nur Empfehlungen und keine Pflichtangaben. Was passiert also: Auch vier Jahre nach der letzten Aktualisierung des PKV-Kennzahlenkatalogs drücken sich manche Gesellschaften um diese Veröffentlichungen. Streben Analysten einen Branchenvergleich an, sind diese auf die berechneten Quoten der Versicherer angewiesen – ohne die Richtigkeit der Kennzahl überprüfen zu können. Das ist noch deutlich weniger als suboptimal. Umso wichtiger ist es daher, die verschiedenen Kennzahlen nicht nur einfach zu vergleichen, sondern zunächst zu hinterfragen.

map-report veröffentlicht erstmals Bilanzrating für PKV-Kennzahlen

Private Krankenversicherungsverträge laufen in der Regel über Jahrzehnte, deshalb werden die PKV-Kennzahlen in dem map-report Bilanzrating Private Krankenversicherung nicht einjährig, sondern als Fünf-Jahres-Durchschnitte berechnet. Damit werden kurzfristige Ausschläge geglättet, bleiben aber nicht unberücksichtigt. Noch längere Zeiträume haben sich als nicht sinnvoll herausgestellt, da die aktuellen Entwicklungen dabei unter gehen.

Bei der Kennzahleninterpretation ist es angebracht nicht nur auf die Bestplatzierten bei einzelnen Kennzahlen zu blicken. Der Gesamt-Sieger im Bilanzrating beispielsweise hat bei keiner in der Bewertung berücksichtigten Einzel-Quote die Spitzenposition erreicht. Liefert aber dennoch das solideste Gesamtbild mit folgenden Detailplatzierungen: Neben dem vierten Platz bei der Versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote und der Verwaltungskotenquote, genügte der sechsten Rang bei der RfB-Zuführungsquote sowie der Überschussverwendungsquote und Platz neun bei der RfB-Bestandskennzahl. Bei der Vorsorgequote sowie den Abschlusskosten reichte jeweils die Bronzemedaille. In der Summe wurden 262 von maximal 300 Punkten erzielt. Das entspricht 87,3 % der Gesamtpunktzahl und dem ersten Platz in der Bilanzwertung.

Isolierte Betrachtungen von Kennzahlen sind nicht zielführend

Zudem gilt es auch Abhängigkeiten der Kennzahlen untereinander zu berücksichtigen, um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen. Die Nettoverzinsung liegt 2019 im Marktdurchschnitt mit 3,26% deutliche über dem Vorjahresniveau (3,03 %). Sie errechnet sich als Bruttoerträge minus Aufwendungen (inklusive Abschreibungen) für die Kapitalanlagen im Verhältnis zum mittleren Kapitalanlagenbestand des Jahres. Ein Teil der Erträge aus Kapitalanlagen wird als „Gewinne aus dem Abgang aus Kapitalanlagen“ bilanziert und beinhaltet die Realisierung von Bewertungsreserven. Für das, angesichts anhaltend niedriger Marktzinsen, hohe Resultat der Nettorendite ist die verstärkte Auflösung von Bewertungsreserven verantwortlich.

Das wird deutlich bei dem Vergleich mit der laufenden Durchschnittsverzinsung. Diese Kennzahl erfasst alle laufenden Erträge und Aufwendungen aus Kapitalanlagen. Damit bleiben außerordentliche Erträge und Aufwendungen, etwa Gewinne aus dem Verkauf von Vermögensanlagen, Abschreibungen aufgrund von Kursverlusten sowie Sonderabschreibungen, unberücksichtigt. Anders als die Nettorendite sank die laufende Durchschnittsverzinsung im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich auf nunmehr 2,80 % (Vorjahr 3,13 %) und lag damit 0,46 Prozentpunkte unter der Nettorendite. Weitere Abhängigkeiten zwischen Kennzahlen gibt es beispielsweise bei der Versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote (Summe aus Schaden-, Verwaltungs- und Abschlusskostenquote) und der RfB-Quote. Hier spielen die RfB-Zuführung und Entnahmeanteile sowie die Überschussverwendung eine wichtige Rolle.

Eine isolierte Betrachtung einzelner Kennzahlen kann damit zu einer systematischen Fehlbewertung führen, da einige Kennzahlen, wie soeben erläutert, „gestaltbar“ sind.

Wie immer, legen wir auch bei dem neuen Bilanzrating Wert auf Verständlichkeit und Transparenz. Damit jede einzelne Quote möglichst präzise eingeordnet werden kann, wurden daher alle relevanten Daten in unserem Bilanzrating auch über mehrjährige Durchschnittwerte dargestellt und zudem ausführlich erläutert.

Steigende Relevanz von PKV-Kennzahlen

Unternehmenskennzahlen – richtig interpretiert – reflektieren die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Unternehmen und sind für Branchenvergleiche unverzichtbar.
Gerade in Zeiten niedriger Zinsen bei gleichzeitig steigenden Krankheitskosten und längerer Lebenserwartung spielt die wirtschaftliche Situation der Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Aber es gilt eben nicht nur auf die schöne Auslegeware, sondern auch in die Ecken zu blicken. Denn wie heißt es so schön: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.  
Und damit kein Winkel im Dunkeln bleibt, veröffentlichen wir jedes Jahr die Bilanzanalysen. In den nächsten Tagen geht es mit dem map-report Nr. 916 „Bilanzrating Private Krankenversicherung 2019“ wieder los. Mit über 20 PKV-Kennzahlen wird die Entwicklung der Branche über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren tabellarisch darstellt und, wie eingangs erwähnt, auch erstmals mit einer Bewertung versehen.

Wir laden Sie zum intensiven Studium der Zahlen und zu eigenen Gedanken ein.

Reinhard Klages

Reinhard Klages, map-report
Analyse
map-report

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